Für den 13. und 14. März lud die Corporate Learning Community (CLC) zum 24ste Mal zu ihrem Barcamp ein: dem Corporate Learning Camp 2025. Knapp 150 Teilnehmende kamen dafür in Präsenz nach Hamburg, rund 50 Menschen – darunter ich – waren virtuell bei der hybriden Veranstaltung dabei. Und wir waren hervorragend an- und eingebunden durch die aufmerksamen Teilgebenden und Mitgestalter*innen und dank der großartigen Technik in allen Sessionräumen – z. B. durch das weiche Würfelmikrofon zum Werfen, das dafür sorgt, dass alle, die vor Ort sprechen, auch im virtuellen Raum gut zu hören sind („Einfach in die Eins sprechen!“).
Viele Themen, viel KI…
Im Fokus stand die Gemeinschaft der lernbegeisterte Menschen, die branchen- und firmenübergreifend, offenen und selbstorganisiert von- und miteinander lernen wollen: Im Barcamp nämlich sind alle Teilnehmenden, die das wollen, auch gleichzeitig Teilgebende. Sie bringen ihre Themen, Erkenntnisse und ihr Wissen mit und gestalten damit das Programm. Bei der morgendlichen Präsentation der Sessions schien der Strom an willigen Wissensteilenden, die auf der Bühne in Präsenz oder dem Bildschirm virtuell dahinter ihr Thema vorstellten, gar nicht mehr abzureißen.
Am Ende kamen für den ersten Tag über 30 Sessions zusammen, von denen bis zu 8 gleichzeitig vor Ort und virtuell stattfanden. Die Auswahl war also schwer, die Themenbandbreite groß. Sehr präsent waren v.a. zwei Hauptthemen: zum einen die Künstliche Intelligenz und wie sie beim Lernen helfen kann und zum anderen die Frage, wie sich Freude und Neugier am Lernen wecken lässt, um Menschen im Unternehmen dafür zu gewinnen.
… und viel Lust aufs Lernen
Denn leider, das wurde in den Pitches auch deutlich, ist lebenslanges Lernen nach wie vor kein Selbstläufer. Lernen gehört nicht zur Arbeit, sondern findet irgendwann anders statt – oder auch gar nicht. Denn es ist nach wie vor schwer, die Mitarbeitenden aus dem Alltagsbelastungen herauszulösen, die Motivation für Austausch- und Lerninitativen aufrecht zu erhalten und überhaupt, die große Bedeutung von Lernern nach oben und nach unten im Unternehmen zu vermitteln. Gerade wenn der – finanzielle, zeitliche, persönliche – Druck wächst, fällt es deshalb als ersten hintenüber.
Bei der Techniker Krankenkasse kontert man das seit Jahren mit dem Leitsatz: Was würde denn passieren, wenn wir aufhören würden, zu lernen? „Es ist akzeptiert, dass man für einen Präsenzkurs zwei Tage abwesend ist – wenn man sich aber zwei Stunden lang nicht ans Telefon geht, weil man sich selbstorganisiert etwas aneignet, ist das oft nicht gern gesehen“, so die Feststellung. Die Befürchtung, dass die Kennzahlen (KPIs) für die Abteilung leiden, ist dann schnell groß und die individuelle Motivation entsprechend gering. Um dies zu ändern, gibt es im Zuge des Projekts „Lernen im Wandel“ für Mitarbeitende nun ein Zeitkontingent nur fürs Lernen, dessen konkrete Umsetzung jeder Geschäftsbereich in Einklang mit den eigenen KPIs reguliert.
Anderswo – z.B. bei Datev – wird einfach mal losgelegt mit einladungsbasierten Beteiligungsformaten und so eine firmeninterne BarCamp-Bewegung losgetreten. Oder es wird überlegt, Lernen mit TikTok-Inspiration in leckeren Häppchen zu verabreichen oder es durch Gamification-Ansätze attraktiver zu machen. Oder: Statt frontal wird Führungsentwicklung selbstorganisiert aufgesetzt, d.h. die Teilnehmenden entscheiden selbst, was genau und wie sie das lernen, während von oben nur das große Lernziel festgelegt wird („Wir wollen, dass die TN nach der Weiterbildung konstruktiver mit Veränderungen umgehen können“). Wenn dabei noch ChatGPT unterstützt, führt das offenbar zu sehr viel Engagement, Inspiration und auch Spaß, so war in einer Session zu hören.
Und der eine oder andere Blick aufs große Ganze
Zusätzlich gibt es auch immer wieder Sessions, die das große Ganze und die eigene Rolle in der Welt ins Blick nehmen. Katja, Caroline und Martin etwa stellten das Klima-Puzzel vor. Das ist ein Spiel mit 42 Karten, das helfen soll, den Mitspielenden die Klimakatastrophe zu erklären unnd deutlich zu machen, wo eigene Handlungsmöglichkeiten liegen. Die Idee der Sessiongeberinnen und -geber: Ein eigenes Kartenspiel entwickeln, das Demokratie erklärt und wie wir sie schützen können.
Besonders inspirierend fand ich auch die Session von Anja C. Wagner. Unter dem Titel Lebenslanges Lernen in Zeitenwenden – quo vadis? lud sie zur Reflexion ein darüber, welche Lernfelder heute entscheidend sind, um als Unternehmen und Individuen in einer Ära von KI, wirtschaftlicher und geopolitischer Neuordnung und allgegenwärtiger Krisen handlungsfähig zu bleiben. Konkret: Was können/sollten/müssen wir tun, um uns zu behaupten und zu schützen angesichts von Oligarchen und Agitateuren, die glauben als einzige zu wissen, wo’s lang geht, und das auch mit Macht und Geld durchsetzen wollen.
Die Gefahren sind vielfältig und enorm – es sind die Tech-Bros mit eigener medialer Infrastruktur, Paypal-Mafia (z.B. Peter Thiel) und einer MAGA-Bewegung. Sie alle befürworten autokratisches Denken, halten das Frauenwahlrecht für einen Wendepunkt zum Schlechten, weil Frauen viel zu sozial sind, und verachten Europa verachten und würden die EU am liebsten zerschlagen. Anjas Antwort, die bei mir viel Resonanz erzeugt: Wir müssen lebenslanges Lernen als Überlebensstrategie erkennen und endlich wirklich auf breiter Front ermöglichen. Wir brauchen Zukunftsfitness mit Neugier und Innovationswillen, sozialer Intelligenz, die echte Zusammenarbeit an komplexen Herausforderungen ermöglicht, sowie technologische Kompetenzen und die Fähigkeit zum adaptiven Handeln. Und dafür müssen wir besser lernen lernen.
Ein Hirte für die „krasse Herde“
Und dann gab es auch noch den Abschied von Karlheinz Pape, dem scheidenden Gründer und Treiber der Community. Er wurde zu Beginn schon mit einem kleinen Film gewürdigt. Sichtlich gerührt sinnierte er sort über seine seltsame Rolle, die offziell keinen rechten Namen hatte. „Eigentlich ist es doch absurd, eine Community führen zu wollen“, so seine Überlegung, die seiner bescheidenen Haltung so gut entspricht. Gleichzeitig ist aber allen klar, dass – Augenhöhe hin oder her – eine funktionierende Gemeinschaft diese Führung braucht.
Zumindest drei Dinge muss sie leisten, stellt Karlheinz fest: Jemand muss den Rahmen setzen, muss Menschen ansprechen, um sie mit aktivem Handeln einzubeziehen („Willst du das nicht übernehmen, ich weiß, dass du das gut kannst!“), und muss ein Zukunftsbild, eine Ausrichtung moderieren. All das hat er bisher (mit seinem ehrenamtlichen Team) getan und so die Community, die sich selbst auch als „krasse Herde“ bezeichnet, so gut gehütet. Er selbst findest das kein großes Ding. O-Ton: „Ich hab das gar nicht so empfunden, dass ich so wichtig war…“ Einen Pokal bekam er abends dann trotzdem noch als Vormacher & Wegbereiter. Und der ist definitiv sehr verdient!
1 Kommentar
Kommentieren →[…] das gehört doch nicht in die LinkedIn-Kommentare 😛 … und reflektiert, und Verweisen auf eigene Blogbeiträge, z. B. durch Silvia Lipkowski). Bluesky und die ganzen anderen kommerziellen Plattformen? Keine Ahnung, ohne mich. Es bleiben […]