Ran ans Mikro

Und Raus aus der Nebenrolle. Auf die Bühne, ins Scheinwerferlicht, nach vorne eben – und nicht immer in der zweiten Reihe verstecken. Und vor allem: dort das Wort ergreifen können! Das ist das Fernziel der 10 Frauen, die sich mit mir im seelenlosen Jugendherbergsraum versammelt haben. Sie wollen Fakten vorstellen, Anfragen beantworten, Stellung beziehen und vielleicht auch mal Ansagen machen können – ohne dabei zu zögern, zu stammeln, zu leise zu sprechen oder piepsig zu quietschen. Oder zu denken, dass es eh niemanden interessiert, was sie zu sagen haben.

Zwei gut gelaunte Schauspielerinnen sind gekommen, um sich dieser Aufgabe anzunehmen. Sie haben Ausstrahlung und ein Konzept, das sie „Morph!“ nennen. Und sie haben naturgemäß sehr viel Ahnung vom richtigen Sprechen im Scheinwerferlicht. Das ist sehr gut, denn von diesem Wissen, dass sie bereitwillig teilen, profitiere ich sehr. Hier ein paar der Tipps, die ich mich besonders überzeugt – und teilweise auch überrascht haben:

  1. Meine Wohlfühlstimme: Sie ist in der Regel sehr viel tiefer als man normalerweise spricht – und ist wichtig, um souverän zu wirken. Finden lässt sie sich ganz einfach: Man macht Kaubewegungen und macht dabei genüsslich „Mmmmh!“. Dann hat man sie.
  2. Ausatmen: Vorm Auftritt, vor der Entgegnung, vor der Stellungnahme schnüren sich Hals und Brustkorb ein, die Nervosität macht ganz eng. Hilfreich ist ein langes Ausatmen – und dann direkt anzufangen zu reden. Das beruhigt und sorgt gleichzeitig für eine Pause, die Aufmerkamkeit schafft. Zudem ist dann die Wohlfühlstimme auch zugänglicher. Und die Einatmung läuft automatisch nebenbei.
  3. Das Stimmmischpult: Ein schönes Bild, um sich immer mal wieder zu vergegenwärtigen, wie viele Regler man zur Verfügung hat, um den eigenen Vortrag ansprechend zu modulieren – die Sprechgeschwindigkeit, die Lautstärke, die Betonung, die Dynamik und die Pausen etwa, die natürlich auch gezielt eingesetzt werden können und sollten.
  4. Stimmmuster: Es gibt beruhigende Muster – sanfte Sprechrhytmen wie beim Einstieg in ein Märchen oder gleichmäßiges Sprechen ohne Dynamikunterschiede oder Legato-Betonungen, bei denen die Worte aneinander gebunden werden („Hallo erstmal, ich bin der Rüdiger…“). Und es gibt aktivierende Stimmmuster – rigide Rhytmen etwa („Auf die Plätze, fertig, los!“) oder Stakkato-Betonungen („Wo – ist – mein – Geld?!“) oder insgesamt Varianzen in Tempo, Lautstärke und Tonhöhen. Diese gezielt einzusetzen, hilft sehr, wenn man gehört werden möchte.
  5. Üben. Ja, man kann das einfach üben. Und man sollte es auch dringend tun, wenn man besser werden möchte: Sich immer mal wieder vor den Spiegel zu stellen und sich selbst motiviert und energisch einen vom Pferd erzählen. Oder einfach Nachrichtentext vorlesen und sich dabei aufnehmen und die Aufnahme dann – ja, ich weiß, das ist fies – auch tatsächlich nochmal anhören. Irgendwann wird es dann besser. Das haben zumindest die Trainerinnen verprochen.

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